Die Mobilität hat in der heutigen Zeit einen besonders hohen Stellenwert, für Menschen mit einer Behinderung ist sie eine unabdingbare Voraussetzung zur Teilhabe. Hier kommt dem öffentlichen Raum in der Stadt eine herausragende Bedeutung zu. Der Straßenraum mit den vielfältigen Anforderungen verdient die besondere Aufmerksamkeit.
Aus diesem Grund wurde ein Leitsystem erarbeitet und mit der Kommission barrierefreies Bauen abgestimmt. Im „Gestaltungshandbuch der Stadt Aachen, Innenstadt Aachen und öffentlicher Raum, Juni 2013“ (Link) wurde dieses Leitsystem dargestellt und erläutert.
Im Alltag zeigen sich trotz des lobenswerten Ansatzes, ein barrierefreies Leitsystem zu entwickeln und umzusetzen, viele Probleme. Aus diesem Grunde soll hier noch einmal auf dieses wichtige Element im öffentlichen Raum eingegangen werden.
In der Regel besteht dieses Leitsystem aus zwei Elementen; einem Leitstreifen, der mit genügend Sicherheitsabstand entlang der Gebäudekante bzw. der Grundstücksgrenze geführt wird und der zum öffentlichen Straßenraum hin orientierten, gut begeh- und befahrbaren Freifläche. Dabei hat der Leitstreifen die Führungsaufgabe und muss für den Einsatz eines Langstockes taktil und am besten farblich kontrastierend erkennbar sein. Menschen mit einer starken Sehbehinderung sind zur Benutzung eines „Langstockes“ darauf angewiesen, dass dieser Leitstreifen frei überpendelbar und frei von Hindernissen ist.
Im historischen Kontext der Aachener Altstadt, hier z.B. im Hof, hat man als Kompromiss auf die Ausführung in einer Kontrastfarbe verzichtet. Die ebene und gut berollbare Fläche kann man bei diesem Beispiel an den unterschiedlichen Pflasterspiegelungen gut erkennen. Im weiteren Verlauf hat das Pflaster ein deutlich stärkeres Quergefälle und wäre so für Rollstuhlfahrer*innen schwer zu nutzen.
Ein besonderes Augenmerk muss bei der Ausführung des Leitsystems im Bereich der Straßenquerungen gelegt werden. Hier widersprechen sich die Anforderungen der Menschen mit einer Sehbehinderung und der Menschen mit Mobilitätseinschränkungen, die auf Hilfsmittel mit Rollen angewiesen sind.
Zum einen wird die Nullabsenkung für Nutzer*innen von Rollstühlen und Rollatoren mit einem Form-Pflasterstein (Pultstein) in einer Breite von ca. 90 cm hergestellt. Diese Nullabsenkung wird vor unbeabsichtigter Querung durch blinde Menschen durch ein „Sperrfeld“ mit Noppenplatten gesichert. Die geplante Querung für blinde Menschen wird mit einem Aufmerksamkeitsfeld aus Noppenplatten und einem Richtungsfeld aus Rippenplatten vorbereitet. An dieser Querung wird der Bordstein nur auf eine Resthöhe mit 3 cm abgesenkt, so dass hier noch die Kante mit einem Langstock ertastbar bleibt.
Besonders problematisch wird die Missachtung des ausgeklügelten Leitsystems für Menschen mit einer Sehbehinderung, denn diese verlassen sich auf das Leitsystem und werden dann oft erst recht in die Hindernisse wie Tische, Kundenfänger, Mülltonnen oder abgestellte Fahrräder hineingeführt und kommen so oft zum Sturz.
Nutzern*innen von Rollstühlen werden durch ein Versperren der Gehwegsabsenkung am Wechsel der Straßenseite bzw.. beim Überwinden einer Querung gehindert.
Es bleibt hier die dringende Bitte, das Leitsystem von allen Hindernissen freizuhalten und so den Menschen, die darauf angewiesen sind, die Möglichkeit einer ungestörten Mobilität zu geben. Vielen Dank.
(April 2019|ml)