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Weder ein- noch aussperren *

 

Die Grünen haben sich schon in der Vergangenheit mehrfach durch das Aussperren von Rollstuhlfahrer*innen hervorgetan. So ist wohl auch die Forderung nach einer Verringerung der Restbreiten von Gehwegen zu verstehen. Viele Nutzer von Gehhilfen bleiben, weil sie wissen, dass sie nicht rein- oder durchkommen, fern. Auch Rollstuhlfahrer*innen würden gerne mit Spaß am städtischen Leben teilnehmen. Jetzt wird der Behinderte zwar nicht mehr eingesperrt, aber durch zu schmale Gehwege die selbstständige Teilhabe unterbunden, also ausgesperrt.

Wenn ich mit dem Rollstuhl unterwegs bin, habe ich eine „Flügelbreite“ von fast 1,00 Meter, d.h. von Elbogen bis Elbogen bei Antrieb des Stuhls mit dem Greifring am Rad. Der Stuhl fährt aber nicht gerade wie mit dem Lineal gezogen, sondern Quergefälle, Unebenheiten und kleine Hindernisse sorgen für eine Schlangenlinie. Wer bezahlt den Schaden, wenn ich bei jedem zweiten Tisch anstoße und die Getränke herunterfallen? Wer schlichtet den vorprogrammierten Streit?

Unsere Gehwege sind bestimmt durch eine Vielzahl von Nutzungen, Begegnungen und Nebeneinander von Personen, mit Taschen, Gepäck und Regenschirmen, Kinder auf Fahrrädern und Roller, Kinderwagen, Rollstuhlfahrer*innen und durch die Randnutzung wie Geschäfte, Stadtmöbel und der Außengastronomie, die den Reiz und das städtische Leben ausmachen aber eine Erhöhung des Flächenbedarfs zur Folge haben.

Aufgrund rechtlicher Vorgaben des Bundes sind Verkehrswege barrierefrei zu gestalten und hierzu gibt es eine Richtlinien für Stadtstraßen (RASt.)** . Danach ist die absolute Mindestbreite für Gehwege 2,50 / 2,70*** Metern. Schon bei der Vorlage der Verwaltung mit 1,80 Metern wurden die Sicherheitsabstände nicht ausreichend berücksichtigt.

Nur in drei Fällen können kleinere Mindestgehwegbreiten angesetzt werden:

  • 2,10 Meter bei Wohnwegen mit niedrigen Einfriedungen. Dieses Maß sollte grundsätzlich bei keinem straßenbegleitenden Gehweg unterschritten werden, auch nicht auf kurzer Länge an Engstellen.
  • 1,50 Meter bei beengten dörflichen Hauptstraßen mit geringem Fußverkehrsaufkommen, hierauf bezieht sich wohl die Vorlage der Verwaltung, wenn von beengten Verhältnissen gesprochen wird.****
  • 1,30 Meter in Baustellen-Bereichen (siehe Betrag zur Änderung der Sondernutzungs-Satzung von Mai 2017).

Gerne kann Herr Rau / die Grünen ja mit Augenmaß und Zollstock dazu beitragen, Nutzungseinschränkungen für Bürger und Besucher der schönen Stadt Aachen durch Barrieren im öffentlichen Raum aufzuspüren und zu beseitigen und damit helfen den urbanen Charakter zu unterstreichen. Für die erwähnte Promenadenstraße wäre das flexible einbeziehen der Fahrbahn in das städtische Leben eine denkbare Lösung – aussperren ist sicher der falsche Weg.

(Januar 2018|ml)

 

*     Grundlage des Beitrages ist ein Leserbrief in den „Aachener Nachrichten“, der sich auf den Artikel: „Lieber Augenmaß als Bürokraten-Zollstock“ vom Donnerstag, den 18.01.2018, bezieht. Der Leserbrief wurde am 25.01.2018 in den „Aachener Nachrichten“ veröffentlicht.

**    RASt: Richtinien für die Anlage von Stadtstraßen RASt 06
***  Bei Nutzung durch mobilitätseingeschränkte Personen
**** Bis in die 1970er Jahre galt dieses Maß noch als allgemein übliche Breite für Gehwege; einzelne Planer/innen und Behörden haben allerdings noch immer nicht umgesetzt, dass seit vielen Jahren andere Mindestmaße gelten.