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leere Stuhlreihen in einem alten Fabrikgebäude
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Veranstaltungen

 

Für diesen Beitrag nehme ich meinen Leserbrief zum Anlass, der in den „Aachener Nachrichten“, am Donnerstag, den 08.03.2018, mit dem Titel „Kino nicht für Rollstuhlfahrer“ gekürzt veröffentlicht wurde. Hier in einer ungekürzten Fassung:

„Die Grünen laden mal wieder alle ins Kino ein, aber wie auch schon beim letzten Mal, müssen die Rollstuhlfahrer*innen draußen bleiben.

Eine Partei ist in besonderer Weise dem demokratischen Gemeinwesen verpflichtet und dies verbietet eine permanente Diskriminierung von Bevölkerungsgruppen, hier insbesondere Menschen mit einer Behinderung.

Das Grundgesetz stellt relativ hohe Anforderungen an die Parteien und gewährt im Gegenzug eine großzügige Parteienfinanzierung. Die Parteien haben die Mitwirkung der Bürger in seiner Gesamtheit am politischen Leben zu fördern und nicht einige Bevölkerungsgruppen bewusst auszuschließen.

Zum wiederholten Mal finden hier hochinteressante Veranstaltungen des politischen Lebens statt, ohne das Rollstuhlfahrer*innen teilnehmen können. Ist das Programm? Dann sollte man die Partei „Die Grünen“ von der weiteren Finanzierung durch den Steuerzahler ausschließen.“

Soweit der Leserbrief, wobei ich in diesem Beitrag inhaltlich auf zwei Aspekte weiter eingehen möchte. Da ist zum einen die Vorbereitung und Durchführung von Veranstaltungen von allgemeinem Interesse, bei denen eine breite Öffentlichkeit angesprochen werden soll.

Hier muss der Veranstalter bei spontaner Teilnahmemöglichkeit eine weitgehende Berücksichtigung aller Menschen mit Behinderungen unbedingt schon bei der Planung bedenken. Dies betrifft nicht nur den Besucher mit einer Mobilitätseinschränkung, sonder auch Menschen mit einer Seh- oder Hörbehinderung. Neben der Zugänglichkeit der Veranstaltungsräume sind Neben- und Serviceeinrichtungen unbedingt mit zu berücksichtigen.

Gerade in Aachen werden oft Veranstaltungen in Räumlichkeiten (Apollo, Klangbrücke, Franz, Theater 99, etc.) durchgeführt, die nach den gültigen Vorschriften hierfür gar nicht zugelassen sind bzw. nach der Landesbauordnung bzw. der Versammlungsstättenverordnung hierfür nicht geeignet sind. Und wenn dann der Veranstalter im Vorfeld angesprochen wird, bekommt man zu hören, dass man ja nicht auch noch an die Behinderten denken kann.

Die Durchführung von Veranstaltungen für die Öffentlichkeit an einem dieser Orte ist eine grobe Missachtung des Diskriminierungsverbotes. Es ist doch klar, dass ein/e Rollstuhlfahrer*in nicht 18 Treppenstufen herunterschwebt und diese am Ende der Veranstaltung wieder heraufschwebt, und bei der Veranstaltung auf den Verzehr von Getränken verzichtet, weil er/sie keine Toilette aufsuchen kann.

Der zweite Aspekt, den ich in diesem Beitrag vertiefen möchte, ist die Finanzierung und der Status der Organisationen, die solche Veranstaltungen durchführen. Dies betrifft neben gemeinnützigen Vereinen auch Parteien. In einem Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH) mit AZ: V R 52/15 vom 17.05.2017 wurde die Gemeinnützigkeit eines Vereins aufgehoben. Dabei hat sich das Gericht auf die mangelnde Förderung der Allgemeinheit und in dessen Folge auf das Grundgesetz §3, Absatz 3 bezogen, wo ganz klar mit der Auflistung von verschiedenen verpönten Eigenschaften auf das Verbot einer willkürlichen Benachteiligung abgezielt wird.

„Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“

Mit dem gleichen Argument sind der Status der Gemeinnützigkeit und die weitere Finanzierung von Parteien in Frage zu stellen, die bewusst oder billigend in Kauf nimmt, dass die Teilnahme von Menschen mit Behinderung ausgeschlossen wird. Wie schon im Leserbrief angeführt, sind Parteien der politischen Förderung der Allgemeinheit verpflichtet und sind dringend angehalten einzelne Gruppen nicht zu Benachteiligen. Dies sollte vor der nächsten Planung einer Veranstaltung bedacht werden. Die Aufhebung der Gemeinnützigkeit kann für den Veranstalter weitreichende Folgen haben.

Für weitere Information verweise ich hier auf den Beitrag von März 2017 (Veranstaltungen).

(März 2018|ml)