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Veranstaltungen

Jeder, der eine Veranstaltung, wie zum Beispiel ein Konzert, ein Theaterstück, eine Informations- oder Sportveranstaltung, plant, sollte sich unbedingt im Vorfeld klar darüber sein, welches Publikum angesprochen werden soll. Ist diese Veranstaltung frei zugänglich und möchte der Veranstalter auch möglichst viele Besucher ansprechen, die Öffentlichkeit, oder bleibt es im kleinen Rahmen, bei dem ich alle Besucher auch schon persönlich kenne?

Bei Veranstaltungen, bei denen eine breite Öffentlichkeit angesprochen werden soll, muss der Veranstalter damit rechnen, dass unterschiedliche Menschen kommen und sich bei der Planung darauf einstellen. Das Alter, das Geschlecht, oder die Nationalität, Menschen mit einer bestimmten Interessenslage oder auch Menschen mit einer Behinderung. Dies ist bei der Planung und Vorbereitung einer Veranstaltung schon rechzeitig zu bedenken. Soll die Veranstaltung nicht für eine breite Öffentlichkeit durchgeführt werden, ist auch schon bei der Ankündigung der Veranstaltung auf die eingeschränkte Zielgruppe hinzuweisen.

Ein Beispiel aus der Vergangenheit: Die Bundestagsfraktion einer Partei hätte ihre durch die Ortsgruppe Aachen organisierte Veranstaltung so ankündigen können: „Filmvorführung im Apollo-Kino: wir zeigen einen Film über die Klimaerwärmung, alle dürfen kostenfrei rein – aber der Rollstuhlfahrer muss draußen bleiben.“ Eine solche Information auf dem Veranstaltungsplakat würde Klarheit bei allen potentiellen Besuchern schaffen.

Bei offenen Veranstaltungen mit spontaner Teilnahmemöglichkeit ist eine weitgehende Berücksichtigung aller Menschen mit möglichen Behinderungen unbedingt bei der Planung zu berücksichtigen. Dies betrifft nicht nur den Besucher mit einer Mobilitätseinschränkung, sonder auch Menschen mit einer Seh- oder Hörbehinderung.

Der Veranstaltungsort sollte darauf hin entsprechend ausgewählt werden. Dies ist in Aachen nicht so einfach, denn beliebte Orte wie z.B. das „Apollo-Kino“, die „Klangbrücke“, das „Franz“ sind eben nicht barrierefrei, und dies, obwohl diese aufgrund des Baujahres nach der Landesbauordnung NRW barrierefrei hätten sein müssen!

Nun, dabei sind die Planer wahrscheinlich davon ausgegangen, dass Rollstuhlfahrer auf den Ohren sitzen und folglich sowieso kein Konzert, Kino oder Theater-Stück besuchen. Oder was ist der Grund dafür, dass hier massiv die Bauvorschriften der Landesbauordnung missachtet wurden und dafür scheinbar auch noch mit einer Baugenehmigung belohnt wurden. Das Erschreckende daran ist, dass auch gerade in jüngster Zeit negative Beispiele hinzu gekommen sind.

Selbst bei einer nachträglichen Nutzungsänderung eines alten Gebäudes ist erst einmal die barrierefreie Zugänglichkeit der für den Besucher offen stehenden Bereich zu berücksichtigen.

Neben der Landesbauordnung, §55 – Barrierefreiheit öffentlich zugänglicher baulicher Anlagen und der Versammlungsstättenverordnung ist besonders dieser Hinweis zum Barrierefreien Bauen interessant:

Der Ausschuss für die Rechte der Menschen mit Behinderungen der Vereinten Nationen hat in seiner 11. Sitzung (31. März – 11. April 2014) zum Thema Barrierefreiheit (Accessibility) in der Auslegung des Artikel 9 nochmals klargestellt und eine sehr eindeutige Richtung vorgegeben, dass Barrierefreiheit im öffentlichen Raum ohne Bedingung umzusetzen ist,

– bei neu zu erstellenden Gebäuden sofort,
– bei existierenden in einem systematischen und schrittweisen Prozess.

Dies gilt unabhängig von den Besitzverhältnissen (öffentlich oder privat).

Die Generalversammlung der Vereinten Nationen (UN) hat das Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderung verabschiedet und diese ist 2009 in Deutschland in Kraft getreten. Damit haben sich der Bund, das Land NRW und die Stadt Aachen verpflichtet es umzusetzen! Auch wenn dies bei den verantwortlichen Politikern noch nicht ganz angekommen ist.

Ein Ziel der UN-Konvention ist es, allen Menschen die Teilhabe am politischen und öffentlichen Leben  zu ermöglichen. Dabei hat der bauliche Rahmen eine ganz immense Bedeutung.

Die Zahl der Menschen mit einer anerkannten Schwerbehinderung war in Deutschland Ende 2015 ca. 7,6 Millionen Menschen (ca. 9,3%). *

Bei ca. 82,2 Millionen Menschen in Deutschland bedeutet dies, dass in Aachen ca. 22.700 Menschen mit einer Schwerbehinderung leben. Aufgrund der demografischen Entwicklung wird der Anteil an Menschen mit einer altersbedingten Schwerbehinderung massiv ansteigen.

Nach dem Bericht der Beauftragte der Landesregierung für Menschen mit Behinderung in Nordrhein-Westfalen lebten in NRW Menschen mit folgenden Mobilitäts-Einschränkungen:**

in NRW in Aachen ***
Rollstuhlfahrer / innen 350.000 4.800
Menschen, die diese regelmäßig schieben 110.000 1.500
Nutzer / innen von Rollatoren 400.000 5.500
Säuglinge und Kleinkinder im Kinderwagen 145.000 1.990
1-2 jährige im Kinderwagen 145.000 1.990

Dies sind auch alles potenzielle Besucher bei der nächsten Veranstaltung!

Aus einem Vorwort einer Handreichung und Checkliste für barrierefreie Veranstaltungen:

„Das Grundgesetz (GG), das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) sowie das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderung (BRK) bieten den übergeordneten Rahmen, der Vorgaben macht, Diskriminierung verbietet und Instrumente bereitstellt, um Barrierefreiheit herzustellen.“

Bis alle Veranstaltungen die notwendige Barrierefreiheit vollumfänglich berücksichtigen können schlagen wir deshalb vor, bei jeder Ankündigung zu einer Veranstaltung (Presse, Plakate, Flyer) auf den zu erwartenden Umfang der Barrierefreiheit hinzuwesen. Vielleicht wird auch möglichen Besuchern die Gelegenheit gegeben, einen besonderen Bedarf im Vorfeld anzumelden, zum Beispiel für Gebärdendolmetscher oder Assistenz zur Bewältigung von Hindernissen als Rollstuhlfahrer oder Nutzer eines Rollators. Selbstverständlich haben neben dem eigentlichen Veranstaltungsraum auch Serviceeinrichtungen und sanitäre Anlagen barrierefrei zu sein. Auch dies ist bei den Ankündigungen zu berücksichtigen.

Dies könnte zum Beispiel durch die Verwendung folgender Symbole geschehen:

geeignet nicht geeignet
Für Menschen mit einer Mobilitätseinschränkung
Für Menschen mit einer Sehbehinderung
Für Menschen mit einer Hörbehinderung

Die betroffenen Menschen würden sich über eine klare Ankündigung freuen und bedanken sich im Voraus.

 

* aus der Pressemitteilung Nr. 381 vom 24.10.2016 des Statistische Bundesamtes (https://www.destatis.de/DE/Startseite.html)

** Bericht der Beauftragten der Landesregierung für Belange der Menschen mit Behinderung in Nordrhein-Westfalen, 16. Legislaturperiode, Tabelle 4-3, Seite 104

*** Nach Angabe des Landesbetriebs  IT.NRW lebten 31.12.2015 in NRW 17.865.516 und in Aachen 245.885 Einwohner, Angabe abgerundet auf glatte Zahlen.

Weiterführende Informationen:

(März 2017|ml)