rollialltag

die Seite für Aachen
Allgemein

Info-Box

Brandneuer Treffpunkt aus altem Material, aber nicht für alle!

Mies van der Rohe entwarf 1930 für einen Krefelder Golfclub das Clubhaus als einen Pavillon mit einem offenen Raumkonzept und einem fließenden Übergang von der Natur zum Gebäude. Leider wurde es nicht verwirklicht. Nun wurde für eine kurze Zeit in Krefeld ein begehbares Modell im Maßstab 1:1 aufgebaut als Teil einer besonderen Architekturausstellung. Im November 2013 endete diese Ausstellung und das Modell wurde wieder vollständig abgebaut und in seine Bestandteile zerlegt. Studenten und Studentinnen der Fächer Design an der Hochschule Niederrhein und Architektur an der RWTH Aachen planten in einem Workshop „Recycling Mies“ neue Pavillons, die das Baumaterial in neue und dauerhafte Bauten überführen sollen.

Im Aachener Norden an der Straßenkreuzung Peliserkerstraße / Talstraße haben nun Studenten aus dem Material des Architekturmodells  einen neuen gesellschaftlichen Treffpunkt geschaffen, finanziert unter anderem aus Mitteln „Soziale-Stadt Aachen-Nord“. Es kann eine einmalige und spektakuläre Begegnungsstätte im Viertel sein: Menschen sollen zusammengebracht werden, die Fachhochschule Aachen möchte Veranstaltungen durchführen, kleine Ausstellungen oder Feste mit bis zu 50 Personen  – ist schon eine tolle Box!

Aber was haben die Studenten gelernt bzw. was hätten sie alles lernen können? Zum Beispiel dass es einen §55 in der LBO NRW und eine DIN 18040 gibt, die anzuwenden sind, wenn ein Gebäude mit einer öffentlichen Nutzung neu errichtet und dass dadurch eine barrierefreie Nutzung ihrer neuen Architektur geregelt wird.
Dass es im Aachener Norden keine Rollstuhlfahrer gibt, und wenn doch, so macht es nichts, wenn die im Regen stehen bleiben? Oder tragen die Mitarbeiter von low-tec mit Muskelkraft alle mobilitätseingeschränkten Menschen auf Zuruf die Stufen hoch und das zu jeder Tages- und Nachtzeit? Was für ein Service!

Auch eine Info-Box aus altem Material kann barrierefrei sein! Erst recht wenn sie aus öffentlichen Mitteln finanziert wird und für die Öffentlichkeit gedacht ist. Schade, wieder eine Chance vertan. Über ein bisschen mehr Mies van der Rohe hätte sich jeder Rollstuhlfahrer gefreut, nämlich ein fließender Übergang von der Natur zum offenen Raumkonzept.

(ml | Juni 2015)