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Was ist passiert?

In der letzten Zeit haben sich die Meldungen zu Rollstuhlfahrer in Aachen gehäuft.

1.) Rollstuhlfahrer darf nicht in den Dom
2.) Feueralarm – Rollstuhlfahrer kommt nicht aus dem Aquis Plaza

1.) Rollstuhlfahrer darf nicht in den Dom

„Rollstuhlfahrer erhält keinen Zugang zum Dom“, Aachener Nachrichten 18.01.2016,
aachener-nachrichten/lokales/rollstuhlfahrer

Dies ist ein klares Zeugnis dafür, dass die Teilhabe von Schwerbehinderten im Allgemeinen und Rollstuhlfahrer im Besonderen noch lange nicht selbstverständlich ist. In den Herbstferien war ich in der Toskana und da war es kein Problem als Rollstuhlfahrer in die kirchlichen und profanen Baudenkmäler zu kommen; ob der Dom in Florenz, Sienna, Luca oder Pisa , oder ob Museen oder Ausstellungen. In Florenz gibt es schon fast einen Rollstuhlverleih, weil man dort in die Uffizien als Rollstuhlfahrer schnell und ohne lange Wartezeit reinkommt. Und wenn es dann doch mal Probleme mit den Rampen gab, waren direkt helfende Hände da und kein missgestimmtes Personal.

Und wenn man sich die Baugeschichte des Aachener Doms ansieht – ein Bauwerk mit Anfängen in der Karolingischen Zeit (Baubeginn vermutlich 793 n. Chr.) auf den resten eines römischen Tempels, an dem über die Jahrhunderte fleißig gebaut, erweitert, ergänzt und verändert wurde. Die vielen Kappellen wurden in der vorherrschenden Gestaltungsmode ihrer Entstehungszeit angebaut, die aktuelle  Innenraumgestaltung des Oktogons geht auf den  Barock (1575 bis 1770) zurück, im Klassizismus erhielten die Fenster der Chorhalle ein neues Maßwerk, etc. etc. etc.  –  aber eine Rampe will man nicht! Ein Schelm, der da etwas Böses denkt.

2.) Feueralarm – Rollstuhlfahrer kommt nicht aus dem Aquis Plaza (Einkaufszentrum)

„Alarm, Angst und keine Hilfe im Aquis Plaza“, Aachener Nachrichten 26.01.2016,
aachener-nachrichten/lokales/aquis-plaza

Es ist leider so, dass in NRW aufgrund der Landesbauornung (LBauO) eine selbstständige Rettung von Menschen mit Behinderung und hier besonders von Rollstuhlfahrern nicht vorgesehen ist. Die Aufzüge funktionieren nicht bzw. dürfen wegen der großen Gefahr der Verrauchung und eines Funktionausfalles im Brandfall nicht genutzt werden, Rampen gibt es nicht und im Rettungsfall kann der Rollstuhlfahrer nur hoffen, dass eine Fremdrettung durch die Feuerwehr schnell genug da ist und ihn noch findet!
Hierzu möchte ich auf meinen Beitrag zu diesem Thema von Februar 2015 verweisen: „Barrierefreiheit, und dann?“ – eine Barriefreiheit für neue, öffentlich zugängliche Gebäude wird zwar durch den §55 der LBauO gefordert, die Eigenrettung ist aber nicht Gegenstand dieser Vorschrift.

Als Rollstuhlfahrer kommt man in diese Gebäude rein, kann sie im Normalfall auch nutzen, muss dies ja auch teilweise, weil sonst Sachen des alltäglichen Lebens nicht erledigt werden können – aber im Alarmfall nicht mehr selbstständig raus! Es sei denn, man hat das Glück im Erdgeschoss zu sein. Aber leider sind in den öffentlichen Gebäuden nicht alle Einrichtungen mit Publikumsverkehr im Erdgeschoss – und wehe wenn man in einem solchen Gebäude als Rollstuhlfahrer arbeitet.  Ist dann der Arbeitsplatz nur im Erdgeschoss?

Es wird Zeit, dass dies durch die schon seit langem geplante Überarbeitung der Landesbauordnung in NRW geregelt wird – andere Bundesländer sind da deutlich weiter. Denn solange wie es nicht durch den Gesetzgeber geregelt wird, solange werden es Investoren nicht umsetzen. Die Bauordnung oder die Feuerwehr kann nur etwas prüfen bzw. fordern, was auch in den gesetzlichen Vorgaben geregelt ist.  Und so lange wird man die Ausrede hören: „ja früher waren die Gesetze eben so“ – erst wollen die Menschen mit einer Schwerbehinderung rein und jetzt wollen die auch noch im Brandfall raus?

(ml | Februar 2016)