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Theater Aachen

Ein Besuch im Theater kann eine schöne Sache sein, erheitern und belustigen, ernst stimmen und zum Nachdenken anregen, hoffentlich mehr als nur ein kurzes Vergnügen sein und im besten Fall lange positiv nachwirken. Wer erinnert sich nicht noch an den ein oder anderen Besuch im Theater.

Gerne nimmt man ein solches Ereignis in Begleitung lieber Menschen war, mit denen man gemeinsam es erlebt, darüber spricht, lacht oder auch die negativen Erlebnis aushält. Nun als Rollstuhlfahrer ist dies etwas komplizierter.
Im großen Haus können Stühle für die Begleitung auf der extra Fläche für Menschen mit einer Schwerbehinderung  neben einem Rollstuhl aufgestellt werden, dies aber nur dann, wenn ansonsten für die anderen Rollstuhlfahrer genügend Platz bleibt. Ehefrau oder Freunde, Kinder und andere Begleitung werden sonst irgendwo auf den Rängen verteilt. Ein gemeinsames Erlebnis ist so nur schwer möglich.

In der Kammer mit den 149 Plätzen sieht dies jedoch noch einmal anders aus. Hier können für Rollstuhlfahrer wegen einer Besonderheit der Sitzplätze (Lüftung des Raumes durch die Rückenlehne der Sitzplätze) nur die Plätze 1-4 in der ersten Reihe für Rollstuhlfahrer genutzt werden. Mit dem Kauf einer Karte (online für die Rollstuhlplätze nicht möglich!) werden je Rollstuhl 2 Sitzplätze ausgebaut. Dies ist deswegen notwendig, weil ein normaler Sitzplatz eine Breite von ca. 50 cm hat, für einen Rollstuhl aber eine Stellfläche mit einer Breite von 90 cm gebraucht wird. Nur bei den Plätzen 3 und 4 könnte im direkten Anschluss die Begleitung des Rollstuhlfahrers sitzen, bei den Plätzen 1 und 2 muss die Begleitung schon in die zweite Reihe ausweichen.

Im Sommer 2016 wollte die Feuerwehr die Teilnahme von Rollstuhlfahrer begrenzen. In der Kammer sollte danach nur noch ein Rollstuhlfahrer je Vorstellung teilnehmen dürfen. Hier konnten wir einen schönen Erfolg verbuchen, durch den Hinweis auf die Versammlungsstättenverordnung, in der die Anzahl für Rollstuhlfahrer auf 1% der Plätze, mindestens aber 2 Plätze geregelt ist, konnte mit Unterstützung des Theaters gegenüber der Feuerwehr erreicht werden, dass es in der Kammer bei zwei Plätzen für Rollstuhlfahrer bleibt. Vielen Dank an dieser Stelle für den Einsatz von Frau Powitz, Mitarbeiterin des Theaters. Ich finde, ein toller Erfolg für alle Rollstuhlfahrer.

Aufgrund dieses Vorgangs kam es zu einem Gespräch mit den Vertretern des Theaters (Frau Powitz und Herr Rüber), der Behindertenbeauftragten der Stadt Aachen (Frau Jansen) und mir. Es sollte über Verbesserungen oder Probleme für Menschen mit einer Schwerbehinderung und eventuell mit einem Rollstuhl gesprochen werden. Es wurden Wünsche, Probleme und Anregungen ausgetauscht und man versicherte, dass man im Gespräch bleibe und auch gerne über einige Punkte nachdenkt. Ein wichtiger Punkt von mir war ein barrierefreier Eingang, der alleine und selbstständig den Zugang zum Theater ermöglichen sollte. Ich fand das Gespräch konstruktiv und erfreulich und habe meine Bereitschaft und Einsatz für eine Verbesserung der Situation erklärt. Hierzu mehr in einem späteren Beitrag!

Jetzt berichte ich gerne von meinen nächsten beiden Besuchen im Theater. Prämiere der Physiker im großen Haus, telefonische Bestellung der Karten, da ja die Rollstuhlplätze nicht online gebucht werden können*. Diskussion am Telefon, da die Mitarbeiterin wohl neu ist und noch unerfahren im Hinblick auf Platzreservierungen für Rollstuhlfahrer mit Begleitung. Aber nach Rücksprache gab es einen Anruf vom Theater und wir konnten die Plätze reservieren. Ich (Rollstuhlfahrer) wollte die Karten abholen, konnte jedoch mit der Klinge an der Nebentür für Rollstuhlfahrer niemanden dazu bewegen die Tür zu öffnen. Erst nach mehrmaligen Klingeln und einigen Minuten Wartezeit kam eine zufällige Passantin zum zweiten Mal vorbei und half mir in dem sie an der Kasse Bescheid sagte. Nach kurzem wurde die Tür mit dem Hinweis, dass die Klingel wohl kaputt sei, geöffnet.
Hier frage ich mich als Rollstuhlfahrer, wie ich denn in das Theater kommen soll, wenn der Eingang nur über fünf Stufen zu erreichen ist und am versteckten Seiteneingang für Menschen mit einer Schwerbehinderung die Klingel nicht funktioniert! Nun gut, bis zum Tag der Aufführung war die Klingel repariert und ich habe die Aufführung durch den versteckten Seiteneingang für Rollstuhlfahrer pünktlich erreicht.

Aus dem zweiten Besuch ist leider nichts geworden – aufgrund einer ungewöhnlichen Inszenierung des Stücks „Die Wand“ in der Kammer können leider keine Rollstuhlfahrer teilnehmen! Die Aufführung ist nicht barrierefrei. Dieser Hinweis ist im Bereich der online Kartenreservierung versteckt. Da die Rollstuhlfahrerplätze ja sowieso nicht online gekauft werden können, finde ich dort den Hinweis sehr deplaziert! Wir haben diesen Hinweis also nicht gesehen und uns auf den Weg zum Theater gemacht. Dort wurde uns an der Kasse erklärt, dass die Zuschauer auf die Bühne müssten und das Stück wohl teilweise im Bereich der Zuschauerplätze gespielt wird. Also, Rollstuhlfahrer müssen draußen bleiben! Sehr schade! Ich hatte den Film im Kino gesehen und mich auf das sehr intensive Stück in der Kammer gefreut.

(Oktober 2016|ml)

 

* Die Plätze für Rollstuhlfahrer können zurzeit nicht online gebucht / reserviert werden. Es gab in der Vergangenheit immer wieder Fälle, wo Menschen diese Rollstuhlfahrerplätze gebucht hatten, aber dann keinen Rollstuhl hatten. In der Kammer oder auch im großen Haus musste für diese Besucher improvisiert und Stühle besorgt werden und für Rollstuhlfahrer war kein Platz mehr. Das parallele Reservieren von Begleitpersonen wird im online-System oft nicht richtig von den Besuchern angewendet. Hier gibt es noch einen Verbesserungsbedarf.