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Barrierefreiheit

Barrierefreies Bauen – Bewegungsflächen nach DIN 18040

nachdem sich der letzte Beitrag (April 2020) allgemein auf die in NRW als technische Baubestimmung seit 2019 eingeführte DIN 18 040 – Planungsgrundlagen barrierefreies Bauen, bezog, soll mit diesem Beitrag ein Teilaspekt, die Bewegungsflächen, näher betrachtet werden.

Nach Fertigstellung von Baumaßnahmen wird häufig durch Nutzer*innen und/oder Besucher*innen mit Mobilitätsschränkungen bemängelt, dass die Bewegungsflächen nicht ausreichend dimensioniert sind. Aus diesem Grund möchte ich hier ein paar Hinweise zur Planung geben.

Die in der DIN 18040 Teil 1 (Anmerkung 1) und Teil 2 (Anmerkung 2) formulierten und damit auch in der VV TB NRW (Anmerkung 3) übernommenen Bewegungsflächen, lichten Breiten und Abstände sind als Mindestmaße zu verstehen und bei Neubauten so umzusetzen. In der DIN ist es wie folgt formuliert: „Erforderliche Fläche zur Nutzung eines Gebäudes…“. Die Bewegungsflächen sind also für die Nutzung der Räume mit Gehilfen, Rollatoren oder auch Rollstühle verschiedener Klassen unbedingt notwendig.

Eine Höhe ist in der DIN in diesem Zusammenhang nicht angegeben. Hier ist jedoch davon auszugehen, dass das formulierte Schutzziel erreicht werden muss und somit die Gebrauchstauglichkeit der Bewegungsflächen ohne Einschränkung gegeben sein muss.

Als Orientierung kann die Vorgabe der DIN 18 040 Teil 1 und 2, Abschnitt 4.1 zur nutzbaren Höhe von Verkehrsflächen von min. 220 cm herangezogen werden. Mit dieser Höhe soll auch die Nutzung durch hoch gewachsene Menschen Berücksichtigung finden. Nur ausdrücklich bei Türen kann die lichte Höhe auf 205 cm reduziert werden.

Aus diesen Vorgaben ergibt sich ein Bewegungsraum mit der geforderten Grundfläche und einer Höhe von 220 cm, der vollständig von Bauteilen, Einbauten, Ausstattungsgegenständen und Möblierungen frei zu halten ist. Ausgenommen sind hiervon nur die unbedingt zur Nutzung erforderlichen Ausstattungsgegenstände wie die Stützklappgriffe seitlich einer WC-Anlage. Besonders Papierkörbe, Mülleimer oder gar Möblierungen sind außerhalb der Bewegungsflächen anzuordnen und sollten bei der Planung frühzeitig Berücksichtigung finden.

Da die geforderten Maße der Bewegungsflächen und Breiten in der DIN 18040 Mindestmaße sind, dürfen diese auch nicht durch aufgebrachte Innenputze, Wandbeläge und Verkleidungen eingeschränkt werden.

Hier ist zum einen bei der Planung das Fertigmaß zu Grunde zu legen und zum anderen auch die Bauteil- und Maßtoleranz schon bei der Planung zu beachten. Die DIN 18202:2019-07 macht zu den noch tolerierbaren Bautoleranzen Vorgaben, die aber bei der Ausführung im schlimmsten Fall die geforderten Mindestmaße einschränken könnten. Es sind diese Toleranzen schon bei der Planung zu berücksichtigen und die geforderte Bewegungsfläche sollten entsprechend größer vorgesehen werden, um die Vorgaben zu den Mindestmaßen einhalten zu können.

Bei Türen sind bei der Ermittlung der notwendigen Bewegungsflächen die Türblätter und hier besonders die vor der Wand laufenden Schiebetüren zu berücksichtigen und das Maß ist erst ab Oberfläche des Blattes zu nehmen.

Bei Aufzügen und Plattformliften wird in der DIN 18040 die Entsprechung mit den Vorgaben der DIN EN 81-70 gefordert. Danach haben die Aufzüge mindestens dem Typ 2 zu entsprechen und daraus ergibt sich eine lichte Breite der Tür(en) von min. 90 cm und eine Abmessung des Fahrkorbes von min. 110 x 140 cm. Dies gilt jedoch nur bei einem Zugang bzw. zwei gegenüberliegenden Zugängen. Wenn es eine Anordnung der Zugänge über Eck gibt, ist von einem Maß von 140 x 140 cm auszugehen. In solchen Fällen sind die Vorgaben zur Messung der Länge der Kabine bezogen auf den Zugang in zwei unterschiedliche Richtungen zu berücksichtigen. Dies hängt mit den Bewegungsabläufen bei der Befahrung der Kabinen bzw. der Richtungsänderung innerhalb der Kabine zusammen.

Bei Aufzugsanlagen nach DIN EN 81-70 wird nicht beschrieben, dass die Bedienelemente, Handläufe und Einbauten wie z.B. Klappsitze das gefordert Kabinenmaß nicht einschränken dürfen. Die notwendigen Kabinenabmessungen werden zwischen den Kabinenwänden gemessen. Jedoch sollte bedacht werden, dass die Bewegungsflächen der DIN 18 040 für die Nutzung notwendig sind und von daher die schon kleineren Maß der Kabinen nach DIN EN 81-70, Typ 2 nicht noch unnötig weiter eingeschränkt werden. Hier sind die Ergänzungen zur barrierefreien Bedienung (barrierefreies Bedientableau nach DIN EN 81-70:2005-09, Anhang G), Handläufe und Klappsitz mit der notwendigen Bewegungsfläche abzuwägen und in Übereinstimmung zu bringen.

Wie oben dargelegt, sind die Vorgaben der DIN 18 040 in der Regel Mindestmaße und eine Unterschreitung stellt damit keine tolerierbare Abweichung, sondern einen Mangel dar, dessen Heilung oft nur schwer nachträglich umzusetzen ist.

Für den Planer stellt die Missachtung der geforderten Mindestmaße ein nicht zu unter-schätzendes Haftungsrisiko dar. Dies gilt insbesondere wenn in Anspruch genommene Fördermittel an die Schaffung der Barrierefreiheit geknüpft sind.

Für das Bauen im Bestand sind die Vorgaben der DIN 18 040 sinngemäß anzuwenden. Wichtig bei dieser sinngemäßen Anwendung ist das Erreichen der Schutzziele. Muss wegen ungünstiger Bedingungen im Bestand von den Vorgaben der DIN abgewichen werden, so ist für den zu erwartenden Nutzerkreis ein Schutzziel zu formulieren und zur Umsetzung sind abweichende Lösungen zu erarbeiten. Es macht Sinn diese Abweichungen und die hierzu entwickelten neuen Schutzziele zu protokollieren.

Weitergehende Informationen zum Barrierefreien Bauen mit einer Bebilderung finden sich in der Veröffentlichung der Architektenkammer Bayern, 01 – öffentlich zugängliche Gebäude, welche mit folgendem Link (zur Datei auf der Internetseite der Bayerische Architektenkammer) herunter geladen werden kann.

(Mai 2020 | ml)

Anmerkungen:

  • DIN 18 040 Teil 1: Barrierefreies Bauen – öffentlich zugängliche Gebäude
  • DIN 18 040 Teil 2: Barrierefreies Bauen – Wohnungen
  • VV TB NRW – Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen für das Land NRW